Hier findest du kleine Tipps, Tricks und Anekdoten aus meinem täglichen Leben mit zwei ganz besonderen Hunden, sowie aus meinem Alltag als Hundetrainerin
von Miriam Hack _
Namasté
Ein perfekter Herbsttag. Die Sonne scheint auf bunte Blätter. Die Menschen sind gut gelaunt und grüßen sich mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Sie nehmen sich viel Zeit, mit ihren Hunden spazieren zu gehen.
Unvermittelt sehe ich, wie eine Hundehalterin stark am Halsband ihres Hundes ruckt, weil dieser sie langsam überholt. Der Hund zuckt zurück. Er läuft mit rundem Rücken und gestelltem Fell vorsichtig weiter.
Die Szene irritiert mich in der Idylle, vor allem weil die Frau den Hund ansonsten kein bisschen beachtet, aber freundlich alle Menschen grüßt die sie trifft. Nur wenige Meter exakt dasselbe Bild. Nur wird hier stark am Hund geruckt weil er sich nicht von selbst hinsetzt, als wir mit dem Auto vorbeifahren. Gewartet hat er.
So lief es gestern, als wir zu einer schönen Gassistrecke gefahren sind. Mir scheint, eine neue Hundeschule hat sich etabliert, weil mir das Verhalten der Hundehalter so geballt und identisch aufgefallen ist. So, wie die Hundehalter aussahen, haben sie das mit bestem Gewissen gemacht. Sie wirkten nicht frustriert oder hilflos, sondern entspannt und selbstbewusst.
Ich frage mich, wie die Hunde diese Spaziergänge wahrnehmen. Ich könnte mir nicht vorstellen, nur auf leisen Pfoten zu gehen, um bloß nicht ohne Vorwarnung zurückgerissen zu werden. Ich rede hier nicht von Leinenimpulsen oder ähnlichem, sondern dem „guten alten“ klassischen Leinenruck.
Wir haben inzwischen wirklich mehr als genug an der Hand, um eine lockere Leine herzustellen! Ist das wirklich die Art von Beziehung, die man zu seinem Hund möchte?
Es ist definitiv möglich, jeden Hund an eine lockere Leine zu gewöhnen, wenn man fleißig und konsequent ist und ggf. mehrere Methoden ausprobiert – und zwar auf eine Weise, bei welcher der Hund weiterhin gern an der Seite seines Menschen ist und den Glanz in seinen Augen nicht verliert.
Lassen wir die Herbstidylle auch für unsere Hunde gelten!
von Miriam Hack _
Fair sein
Dino hat vor Jahren leider entschieden, sein Wohlbefinden an meines zu koppeln. Das ist im Alltag ein wertvoller Spiegel, weil mir Dino zeigt wenn ich nicht in meiner Mitte bin. Es gibt allerdings Lebensphasen, da ist das immens unpraktisch für uns – so wie jetzt. Ich bin schwanger und Dino dadurch ganz schön aus dem Tritt. Abgesehen davon dass er merkt, dass ich nicht fit bin, führe ich Hunde schlechter wenn ich schwanger bin. Ich bin nicht so präsent, eher unkonzentriert und habe auch schlichtweg weniger Muße dazu. Nun habe ich Hunde, die meine Führung brauchen und eine Menge Unsinn machen, wenn sie fehlt.
Das kann jedem mal so gehen – jeder kann Phasen haben, in denen er weniger präsent und „auf Zack“ ist. Das ist nicht schlimm! Schlimm ist nur, wenn man es am Hund auslässt. Es ist unerlässlich, klug zu managen was in so einer Phase geht und was eben nicht. Und es braucht die Fairness, nicht genervt zu sein wenn der Hund auffälliger ist als sonst.
Dino und ich waren heute bei einer Krimiwanderung/Schnitzeljagd am Start. Ich habe auf genug Abstand geachtet, damit Grummeldino nicht ständig die anderen Hunde anstänkert. Klar konnte ich dadurch nicht alles mitmachen, aber trotzdem habe ich so eine Situation geschaffen in der Dino und ich an einem Event teilhaben konnten. Ich stehe aktuell absolut drüber, dass Dino echt schlechte Laune hat und das auch zeigt. Ist halt so und es ist auch ok so. Ich rucke deswegen nicht genervt an der Leine, pampe ihn nicht frustig an und es gibt eine Menge Leberwurst als Management, um gut durch Situationen zu kommen.
Und so sind Dino und ich jetzt auf der Heimfahrt und immer noch die selben Freunde wie vorher – nicht genervt voneinander, in einer fairen Beziehung zueinander… Und gut ausgelastet.
Die Krimiwanderung war trotzdem aaabsolut bereichernd für mich und ich kann ein solches Event absolut jedem empfehlen – es geht wie man sieht auch mit Special Effect Hunden, wenn man umsichtig ist.
von Miriam Hack _
Hunde und Kinder
Ich hatte heute ein Gespräch mit einer Mutter, die keine Hunde hat. Sie sagte, sie könnte das nicht: Auch die Hunde priorisieren und ständig im Alltag so bedacht auf ihre Bedürfnisse zu sein. Das Kind käme doch an erster Stelle.
Es ging in unserem Fall v.a. darum, dass die Hunde in unserem Wohnzimmer ihren Rückzugsort haben und deshalb kein Spielplatz für unser Kind dort ist.
Dazu möchte ich unbedingt etwas sagen:
Zum einen ist es natürlich eine Sache von Fairness, Hunde nicht zurückzustellen weil die Familie wächst und sie einfach permanent mit der Lautstärke und dem Trubel eines Kindes zu konfrontieren. Es ist aber auch FÜR das Kind, wenn man Familienhunden Ruhezeiten und -zonen garantiert und darauf achtet, dass sie nicht zu kurz kommen. Es verhindert Überreizung und Eifersucht.
Und ein Hund, der total drüber ist weil er immer gestört und belästigt wird und evtl. sogar zusätzlich in seinen Bedürfnissen (wie ausgedehnte Gassigänge oder einen Gartenbereich) zurückgestellt wird, der kann zur Gefahr für das Kind werden.
Hunde brauchen eine unfassbare Geduld mit Kleinkindern. Es ist laut, sie werden bedrängt (und wenn das Kind nur aus versehen über den Schwanz läuft oder aus versehen etwas auf den Hund wirft), usw.
Damit sie diese Geduld gewährleisten können, muss ihr Tank voll sein. Sonst ist die Lunte irgendwann so kurz, dass sie eben doch schnappen.
So oder so: Familie schließt ALLE Mitglieder mit ein, auch die Hunde! Und jeder sollte in einer Familie gesehen werden und viel wert sein.
von Miriam Hack _
Hunde kommen tendenziell immer schlechter zur Ruhe
Das Ding ist… Menschen kommen tendenziell auch immer schlechter zur Ruhe. Wir haben 1000 To Do’s im Kopf, viele Termine und ein Smartphone, das permanent durch geschickte Algorithmen unsere Aufmerksamkeit einfängt.
Bist du gut darin, mal NICHTS zu tun? Und mit „nichts“ meine ich nicht Netflix and chill oder scrollen durch Instagram, ich meine nicht spazieren gehen oder ein Buch lesen. Sondern wirklich NICHTS. Dasitzen oder daliegen und mal 2 Minuten die Ruhe genießen. Oder… Die Ruhe aushalten. Denn wenn man das nicht mehr gewohnt ist, bekommt man tatsächlich Entzugserscheinungen. Der Verstand spuckt plötzlich lauter Erinnerungen aus (ach ich wollte ja noch, ach ich könnte,…), damit man sich wieder beschäftigt. Man muss Ruhe also manchmal erst wieder lernen, sie sich zurückerobern. Damit klarkommen, mal wieder mit sich alleine zu sein und zu merken, wie es einem gerade geht. Tatsächlich ist es sogar effizient solche Ruheminuten in den Tag einzubauen, weil man sich eben plötzlich an so viel erinnert. Statt dann aufzuspringen und sofort einem to do hinterherzurennen, kann man dem Verstand sagen „Danke fürs erinnern, bitte melde mir das nochmal in 10 Minuten. Jetzt legen wir die Notiz nochmal beiseite.“
Wenn wir durchs Leben jagen, dann jagen wir auch unsere Hunde da durch. Damit meine ich nicht nur den Terminkalender, sondern auch die Stimmung. Hunde sind Seismographen, sie spüren unsere Stimmung und das macht etwas mit ihnen. Entweder im Großen, oder im Kleinen. Manche Hunde sorgen für sich und entfernen sich etwas von ihrem Menschen, andere werden innerlich unruhig, manche können es auch wieder loslassen. Je nach Hund. Wenn wir auf die Unruhe blicken, die wir bei vielen Hunden sehen können, dann befarf es auch eines Blickes auf die Unruhe in uns Menschen.
Nimm dir 2 Minuten und tue NICHTS. Und schau mal, was das mit dir macht.
von Miriam Hack _
Hunde als Lehrer
Wir machen gerade Urlaub in unserem früheren Wohnort. Hier haben wir mit Dino gelebt, als er noch ein Wahnsinniger war. Heute Abend bin ich alleine mit ihm unsere frühere Gassirunde gegangen und zwar an lockerer Leine, ohne dass ich irgendwas tun musste. Im Freilauf immer nah bei mir, perfekt abrufbar, einfach ein toller Begleiter. Da tauchten natürlich Bilder in meiner Erinnerung auf, wie er früher war. Dino hat mich an den Rand des Wahnsinns getrieben. Ich habe nach seiner Adoption damals viel geweint und dachte, ich schaffe diesen Hund nicht. Und jetzt sind wir hier. Verbunden und entspannt.
Zwei Sachen hat mir das heute gezeigt.
1. Die anstrengendsten Hunde sind oft unsere größten Lehrmeister. Dino hat grundsätzlich immer alles über den Haufen geworfen, das ich gelernt hatte. Ich hatte in meinen Fortbildungen gelernt, dass Hunde im neuen Zuhause gleich Grenzen und viel Führung brauchen. Mein Bauchgefühl sagte mir aber schnell, dass Dino etwas anderes braucht: Nähe. Verständnis. Bedingungslose Liebe. Zusätzlich zu meinem Bauchgefühl sagte es mir auch Dino selbst, der mir wirklich um die Ohren flog. Man kann sich kaum vorstellen, wie laut und penetrant ein Hund sagen kann ICH WERDE MICH NICHT BEGRENZEN LASSEN! Dino war so verloren und wurde so oft abgelehnt (er war 1,5 als er zu uns kam und wurde vor uns bereits VIERMAL vermittelt), dass er selbst alles ablehnte. Tief drin wollte er unbedingt gehalten werden. Auch im späteren Zusammenleben ging alles schief, was bei mir zuvor immer geklappt und was ich sogar schon gelehrt hatte. Dieser Hund sagte einfach immer NEIN zu mir. Bis ich neue Wege ging – und mit dem Öffnen der ersten Leckerlipackung meines Lebens öffnete sich Dinos Herz und er sagte endlich ja. Dino lehrte mich auch im Weiteren so viel über Bauchgefühl, neue Wege gehen und immer wieder Demut vor der inneren Kraft eines Terriers. Wer gerade mit einem Wahnsinnigen leben darf, der lernt also fürs Leben!
2. Zeit wird als Ressource oft völlig unterschätzt. Entwicklung braucht Zeit. Hunde haben auch ein Recht darauf, dass man ihnen Zeit gibt – mal ehrlich, wie schnell entwickeln wir uns weiter? Dino wird im November acht Jahre alt – natürlich ist er gemäßigter geworden, er wird älter. Zeit ist nicht die einzige Komponente, aber eine wichtige! Der Druck, dass ein Hund nicht auffallen darf, das Training sofort klappen muss und der Hund doch kapieren muss was man von ihm will – der tut weder dem Hund gut, noch uns selbst. Wir müssen uns und unsere Hunde annehmen, statt sie zu bekämpfen.
Die gute Nachricht ist ja: Es gibt uns Hundetrainer, die als Wegweiser und Wegbegleiter dienen können. Aber wir laufen Marathons, keine Sprints.