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Ressourcenaggression – Ein Fallbeispiel

Ich habe momentan viel Kontakt zu Paaren mit Baby und Hund und habe ein eindrückliches Beispiel für Ressourcenaggression erlebt, das ich gerne mit dir teilen würde.

Die Geschichte:

Ein Paar bekommt ein Baby. Wenige Wochen später fängt der Hund an, Essen zu verteidigen. Und zwar sowohl sein Futter, als auch menschliches Essen. Das Paar hat das zum Glück recht schnell bemerkt, da es versiert in der Hundesprache war. Das heißt: Der Hund wurde steif, hatte einen starren Blick, fing an zu knurren. Es kam noch nicht zum Schnappen oder Beißen, zum Glück.

Was war hier los?

Um fair mit Hunden zu sein, müssen wir immer auf Spurensuche gehen was die Motivation hinter einem Verhalten ist. Hunde agieren nie grundlos!

Ressourcenaggression entsteht sehr häufig aus einem Gefühl von Mangel. Der Mangel des Hundes war in diesem Beispiel ein Mangel an Zuwendung.

Das Baby war – natürlich – sehr im Vordergrund, das Paar mit seinem neuen Alltag beschäftigt… Und der Hund plötzlich stark verunsichert, wo er in dem Sozialgefüge noch seinen Platz hat. Dabei ist wichtig zu wissen: Für Hunde bedeutet ein konsequentes und anhaltendes Ignorieren „du bist in dieser Gruppe nicht erwünscht„.

Durch den Kontakt mit mir wurde das dem Paar erst bewusst und sie bauten zumindest kleine Kontaktinseln ein – zum Beispiel öfters mal eine Minute kuscheln auf der Couch NUR mit dem Hund, statt den Haushalt zu machen. Das Problem erledigte sich sofort wie von selbst, der Hund hat kein Thema mehr mit Futter.

Jetzt stell dir bitte vor, man wäre zu pauschal an das Thema herangegangen.

Hätte vielleicht gesagt „Statusproblem„! Der Hund nimmt sich etwas heraus das ihm nicht zusteht. Er will im neuen Familiengefüge der Boss sein. Man hätte ihn eingeschränkt, kleiner gemacht. Was hätte das mit einem Hund gemacht, der gerade verunsichert ist weil er sich nicht gesehen fühlt?!

Hunde wollen gesehen werden und sie sind komplexe soziale Lebewesen.

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Was wir in unseren Hunden sehen

Als wir Dino aus dem Tierheim geholt haben hatten wir ein Aufklärungsgespräch, dass er nicht zu Personen mit Kinderwunsch vermittelt wird. Er war ganz schön explosiv und hat schnell in Hände und Füße geschnappt. Kein Problem, wir wollten damals auch keine Kinder (ups). Sicherlich wäre Dino unsere Familie ohne Kind auch lieber, das mag ich gar nicht schön reden. Er wächst aber auch daran, genau wie unser Vertrauen zueinander wächst. Mich stellt es als Mama durchaus auf die Probe, dass einer meiner Hunde anfängt mein Kind anzuknurren wenn ich falsch handle. Wir hatten zwei solche Phasen. Inzwischen kann Liandra frontal freudig kreischend auf Dino zurennen und KUSCHELN!!! schreien und er bleibt entspannt. Kein Knurren, kein Anspannen, er zuckt nicht mal mit der Wimper.

Warum?

Weil er zu 1000% weiß, dass ich genau das was Liandra möchte NICHT zulasse. Dass ich zur Stelle bin und mich rechtzeitig dazwischen positioniere. Liandra weiß – meistens, außer sie wird akut von Liebe geflutet – dass sie sich langsam nähern und nicht einfach irgendwo hin packen soll.

Darum solls heute aber gar nicht so ausführlich gehen, sondern um meinen zweiten Aspekt: Dem Vertrauen zwischen Dino und mir. Er vertraut mir noch mehr, weil ich zuverlässig bin und seine Bedürfnisse im Blick habe. Das allein würde bei uns aber nicht reichen. Der zweite Aspekt ist: ICH vertraue IHM und ich muss es auch. Denn wenn ich zu viel Abstand von Liandra und Dino verlange, wird er blöd. Ich lebe jetzt seit 6 Jahren mit diesem Hund und ich weiß nicht nur, wie unmöglich er sein kann, sondern auch, wie toll er sein kann. DIESE Seite muss ich füttern.

Du wirst, was deine Mitmenschen und du am meisten in dir sehen. Dein Hund wird, was du am meisten in ihm siehst.

Damit meine ich kein verblendetes Übersehen von Tendenzen, die man unbedingt im Blick haben und bearbeiten muss! Sondern ich meine die Grundpersönlichkeit. Dino ist hochgradig mutig und loyal. Er ist tief drinnen butterweich, gleichzeitig aber bereit in jeden Krieg zu ziehen – Valhalla wartet jeden Tag um die Ecke. Wenn ich nur den lauten, offensiven Dino sehe, spreche ich auch nur mit diesem Teil von ihm. Und wer weiß, vielleicht vergisst ein Hund dann sogar irgendwann, wer er noch ist.

Geht uns das nicht auch manchmal so? Wissen alle Extrovertierten unter uns noch, dass sie eigentlich extrovertiert sind und nur aufgrund von schlechten Erfahrungen still geworden sind? Wissen alle Introvertierten unter uns noch, dass sie eigentlich introvertiert sind und Lautstärke als Schutz (Fiddlen) gelernt haben? Ich kann zum Beispiel bei meiner Tochter beobachten dass es manche Menschen negativ werten, dass sie nicht sofort auf jeden Arm springt, sondern Zeit braucht um aufzutauen. Wenn wir als Eltern sie ständig pushen würden, würde sie irgendwann lernen dass sie nicht okay ist und sich anders verhalten muss. Und irgendwann hätte sie evtl keinen Bezug mehr zu ihren eigentlichen Bedürfnissen.

Noch ein anderes Hundebeispiel.

Meine erste Tierschutzhündin Laini hieß ursprünglich Peggy. Peggy hat ziemlich unvorhersehbar nach Menschen geschnappt. Das war extrem herausfordernd für mich, weil sie engen Kontakt gesucht hat… Und ihr dann aber die Nerven durchgegangen sind. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich sie umbenennen muss, um nicht ständig den traumatisierten und gefährlichen Tierschutzhund in ihr zu sehen. Sie hieß ab dann Laini, was übersetzt die Sanfte, die Weiche bedeutet. Denn das war sie. Unter ihrer Schale. Das heißt nicht, dass ich plötzlich blauäugig wurde, aber ich habe ihre andere Seite hervorgehoben und angesprochen. Das hat viel mit uns beiden gemacht.

Sprecht mit dem Wesenskern eures Hundes, nicht mit dem, was er aufgrund von Stress, Traumata, etc. oben drauf gepackt hat. Er braucht euch, damit er er selbst sein kann.


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